Von Stilldemenz und Babyrülpsern – Wie ist das Leben mit Baby wirklich?

veröffentlicht von Sarah am 20. Oktober 2016

Wie ist das Leben mit Baby wirklich

„Ich habe das Gefühl, er tut alles, um mein Leben so wenig lebenswert wie nur möglich zu machen!“, schluchze ich, drücke Timo das Baby in die Hand und verschwinde selber heulend im Schlafzimmer. Kein guter Tag in meinem neuen Mama-Leben.

Dabei habe ich natürlich gewusst, dass der Alltag mit Kind anstrengend wird, aber dass mich mein eigenes Baby so dermaßen auf die Palme bringen kann, hätte ich nicht gedacht. Und jedes Mal, wenn ich so schlecht von meinem Sohn denke, fühle ich mich danach direkt noch schlechter. Und bin dann genervt, dass ich mich wegen meinem Baby schlecht fühle. Was mir gleich wieder Schuldgefühle macht. Ihr erkennt das System.

Dabei gibt es natürlich auch wunderschöne Momente. Wenn der Kleine mich morgens laut anlacht, sobald ich die Augen aufmache. Wenn er das erste Mal nach dem Spielzeug greift. Wenn er Egon mit großen Augen anguckt. Wenn er im Schlaf einfach sooo niedlich aussieht.

Meine Gefühle schwanken von himmelhochjauchzend bis völlig fertig.

Im Moment befinde ich mich in einer ganz guten Phase, wenn man vom totalen Schlafmangel einmal absieht. Zeit also, das alles mal in einen Blogpost zu verbasteln.

Und weil so ein Kind irgendwie verdammt wenig schläft, werde ich diesen Blogpost einfach in mehr oder weniger sinnvoll sortierten Absätzen schreiben.

Charakter

Was ist David denn überhaupt so für ein Typ? Ich finde das noch ziemlich schwer zu sagen.

Cowboy Baby

Laut unsere Hebamme ist er auf jeden Fall kein „Anfänger-Baby“. Er ist recht launisch, hat eine geringe Toleranzgrenze, wird sauer, wenn man nicht gleich versteht, was er will, kann innerhalb von 0,2 Sekunden von heiter lachend zu hysterisch brüllend wechseln, braucht viel Aufmerksamkeit, kann sich schnell für Dinge begeistern … – in anderen Worten: Er ist genau wie ich 😀

Stillen

Das läuft. Im wahrsten Sinne des Wortes. Etwa eine Woche nach der Geburt lief es ständig. Und überall hin.

Ich hatte einen etwas schwierigen Stillstart dank Klinik und schwachem Baby, aber als ich 2 Wochen nach der Geburt zuhause war, habe ich dann voll gestillt.

Da macht man sich ja vorher auch Gedanken: Tut das weh? Wie fühlt sich das an, wenn da einer an der Brustwarze saugt? Kennen bald Hinz und Kunz meine Brüste?

Gerade das Abpumpen tat bei mir am Anfang schon weh. Ich hatte aber auch so eine Monster-Elektro-Milchpumpe, die beide Brüste zeitgleich in 5 Minuten leer hatte. Dass es vollkommen grotesk aussieht, mit so Saugglocken um die Brüste da zu sitzen, muss ich nicht extra erwähnen, oder?

Die ersten Male mit Baby an der Brust taten auch weh. Uiuiui.

Inzwischen ist das Stillen aber echt entspannt. 

Stillen draussen

Zum Stillen unterwegs: Beim Stall und auf dem Hundeplatz bin ich völlig hemmungslos und sitze auch kurz mit unbedeckter Brust da. So richtig in der Öffentlichkeit versuche ich dann etwas diskreter zu sein und das Baby als Sichtschutz davor zu bugsieren und dann blank zu ziehen.

Ich habe aber auch schon auf dem Bremer Hauptbahnhof mitten auf dem Bahngleis meine Brust entblöst und gestillt. Im Stehen. Denn wenn mein Baby schreit, kriege ich die Krise.

Stilldemenz

Alter Falter, ihr könnt froh sein, dass ich nicht vergessen habe, diesen Blogpost zu schreiben 😀

Inzwischen geht es wieder etwas besser, aber die ersten 3-4 Woche nach der Geburt waren in der Hinsicht wirklich, wirklich krass. Wie hieß doch gleich mein Mann? Wie oft habe ich früher Zähne geputzt? Hieß die Verkehrsregel rechts-vor-links oder links-vor-rechts und wo verdammt ist nochmal rechts?

Und nein, das ist nicht übertrieben, so schlimm war es wirklich!

Vereinbarkeit von Baby und Beruf

Hahahahaha. Hörst du mich hysterisch lachen? Ich versuche nichtmal, beides miteinander zu vereinbaren, sondern neben dem Kind überhaupt irgendwas zu machen, was mich beruflich voranbringt. Ganz ehrlich: An Kundenbetreuung ist nicht zu denken. Und dass obwohl Timo sogar auch viel zuhause ist und mir den Kleinen abnehmen kann.

Arbeiten mit Baby

Ich hatte vorher nie wirklich mit Kindern zu tun und deswegen gedacht, so ein kleines Baby würde viel mehr schlafen. Mal zum Stillen und Wickeln aufwachen, kurze Bespaßung und dann wieder im Land der Träume. Ähm, ja, nee. Andere Babys vielleicht. Meins natürlich nicht.

An manchen Tagen kann ich locker 3 Stunden konzentriert arbeiten. An anderen sind keine 5 Minuten drin. Es ist einfach furchtbar schlecht planbar.

Hinzu kommt, dass ich als Selbstständige bei den Zuschüssen vom Staat echt ein bisschen angealbert bin. Keinen Mutterschutz, nur Mindestsatz Elterngeld und jetzt weigert sich auch noch meine Krankenkasse mich in meinen Elternzeitmonaten in die Familienversicherung zu nehmen.

Hier kann ich nur empfehlen: Vorher Geld ansparen und sich genau überlegen, wie lange man aussetzen kann und möchte.

Bedingungslose Liebe

„Ich könnte den ganzen Tag nur daliegen und mein Kind anschauen“ – Wie oft habe ich solche Dinge von frischgebackenen Eltern bei Facebook gelesen.

Und frage mich jetzt: Was mach ich falsch?

Wenn mein Baby schläft, will ich entweder selber pennen oder mal was essen, vielleicht aufs Klo, duschen, endlich mal die vollgespuckte Jeans ausziehen – aber ich hab keine Lust den ganzen Tag mein Kind anzustarren.

Versteht mich nicht falsch, natürlich ist David supersüß und ich habe auch schon unsere Family-WhatsApp-Gruppe mit Fotos von ihm vollgespamt.

Neugeborenes im Tragetuch

Aber ich bin auch verdammt froh, wenn ich mal eine halbe Stunde Pause von ihm habe.

Und klar, liebe ich ihn. Aber für die bedingungslose Liebe bin ich einfach noch nicht Buddha genug. Denn dann dürfte ich auch nicht genervt sein, wenn er schreit. Oder mir meine Brust zerkaut. Oder einen ganzen Tag lang partout überhaupt nicht hingelegt werden kann.

Ich bin dann aber genervt, weil ich eben schon Erwartungen habe. Die natürlich nicht immer von einem Winzling erfüllbar sind. Trotzdem kann ich diese Erwartungen auch nicht komplett abschalten. Manchmal nehme ich mir etwas für den Tag vor und bin dann schon etwas enttäuscht, wenn es wegen schreiendem Baby nicht klappt.

Irgendwie sind es doch auch gerade die Menschen, die wir lieben, die uns am ehesten auf die Palme bringen, denen wir aber auch umso schneller wieder verzeihen, oder?

Wäsche

Ich sag nur vier Worte: Investiere in einen Trockner.

Weinen

Wenn mein Baby weint, drehe ich durch. Ich kann es überhaupt nicht haben. Nicht nur, weil es unheimlich laut ist und an meinen Nerven zerrt, sondern weil es mir schlicht und einfach das Herz bricht.

Ich glaube, wir Mütter sind da nochmal krasser hormonell bestraft als die Väter. Und wenn ein fremdes Kind weint, bin ich auch echt schmerzlos. Aber bei meinem Baby tut mir das so weh.

Ich versuche dann alles, um ihm zu helfen und werde entsprechend immer gestresster, je länger es nicht funktioniert. Besonders schlimm ist es, wenn David im Auto losschreit. So laut kannst du das Radio gar nicht stellen, um das zu übertönen.

Babyschale

Ich habe mir inzwischen einen Fahrradanhänger gekauft und fahre jetzt Rad. Da kann ich im Notfall immer anhalten und zu meinem Kind. Und wenn er doch mal schreit, habe ich es nicht direkt neben meinem Ohr.

Hätte ich auch nicht gedacht, dass das so schlimm für mich ist, wenn mein Baby schreit, aber es ist grausam.

Baby und Pferd

„Ich konnte mein Baby immer im Kinderwagen neben die Weide stellen, der hat sich stundenlang den Baum über ihm angeguckt und war beschäftigt.“ Diesen Satz habe ich tatsächlich von mehreren Müttern gehört.

Frohen Mutes habe ich David also in den Kinderwagen gepackt, einen wunderschönen Baum ausgesucht und ihn erwartungsvoll darunter geparkt.

Das Resultat: Die Bäume an unserem Stall sind todlangweilig. Fetzen so gar nicht. Es ist geradezu empörend, sich darunter aufhalten zu müssen.

Also Kind ins Tragtuch. Ist ja auch nicht schlimm. Damit geht vieles, aber eben leider nicht alles.

Shetty Langzügelarbeit

Paddock abäppeln kriege ich ziemlich gut hin, Egon longieren funktioniert, Langzügelarbeit auch, aber nur im Schritt. Sobald ich versuche im Trab federnd mitzurennen (sieht sicher zum Schreien aus), wacht David auf.

Generell lässt sich mit Baby einfach alles schlecht planen. Manchmal fahre ich zum Pferd und kann total viel machen und manchmal fahre ich hin, stille das Kind, laufe mit weinendem Kind auf dem Arm hin und her, stille wieder, singe Kinderlieder, stille und fahre dann wieder nach Hause ohne einmal mein Pferd gesehen zu haben.

Baby und Reisen

Wir haben die erste kleine Reise mit David hinter uns. Es ging mit dem Zug 5 Stunden in eine andere Stadt, dann dort eine Nacht ins Hotel und am nächsten Tag 5 Stunden im Zug wieder zurück.

Ich war vorher ziemlich nervös und hatte Angst, dass mein Sohn den gesamten Zug zusammenschreit oder nachts im Hotel überhaupt nicht zur Ruhe kommt.

Was war? Es war überhaupt kein Problem! 

Zug fahren mit Baby

Ich hatte den Kleinen im Tragetuch dabei, sodass er zwischendurch auch gut zur Ruhe gekommen ist. In den ICE´s gibt es inzwischen extra Familien-Abteile, in denen es etwas abgeschottet ist und nicht ständig die Personen um einen herum wechseln.

Im Hotel hat er einfach mit bei uns im Bett geschlafen, wie zuhause auch.

Wir konnten sogar abends entspannt im Restaurant essen gehen, während David auch da im Tragetuch geschlafen hat.

Jetzt steht die erste Wanderung mit dem ganzen „Rudel“ an und ich freue mich schon darauf.

Schlaf

Joa, wäre schön. Nee, im Ernst, es ist bei David total phasenweise.

Wir hatten schon Nächte, in denen er nur einmal aufgewacht ist und vorher 7 Stunden am Stück durchgeschlafen hat. Ich habe aber auch schon stündlich gestillt und bin den Rest der Zeit mit einem hellwachen Baby singend durchs Wohnzimmer gelaufen.

Derzeit geht David mit mir gemeinsam gegen 22 Uhr ins Bett und will dann um 3, 5 und 7 Uhr gestillt werden. Um 7 ist dann die Nacht auch endgültig vorbei. Da genieße ich es, wenn Timo ihn morgens nochmal nimmt und ich gelegentlich dann nochmal in Ruhe weiterschlafen kann.

Baby Schlaf pro Nacht

Seit David mit bei uns im Bett schläft, ist zumindest das nächtliche Herumgelaufe weggefallen, weil ich ihn im Liegen beruhigen kann. Oft schlafe ich während meines Singens selber ein.

Paarzeit

Paarzeit haben wir viel! Entweder ich mit David oder Timo mit David 😉 Manchmal haben wir auch Trio-Zeit alle drei zusammen.

Timo und ich mal alleine? Ähm, nee.

Beklopptheit

Als Eltern wirst du bekloppt. Ist so. Das kannst du echt keinem erklären.

Kuscheltier

Ich kann euphorisch ausflippen, wenn mein Kind rülpst. Bei der Sichtung des Windelinhaltes begeistert losrufen „Wow! Heftig! Schatz, komm schnell her, das MUSST du dir angucken!“.

Ich sag ja, normal ist das nicht.

Erfahrung

Ich hatte vorher nie viel mit Kindern zu tun. Zugegeben bin ich auch einfach kein richtiger Kinder-Fan. Meine eigenes ist genial, keine Frage, aber schon im Wartezimmer beim Kinderarzt kriege ich die Krise.

Entsprechend hatte ich einfach auch überhaupt keine Ahnung, was den Alltag mit so einem Winzling angeht.

Mir ist erst kurz nach Herbstbeginn aufgegangen, dass ich meinem Sohn vielleicht draußen auch mal eine Jacke überziehen könnte (solche Fragen entfallen ja bei Hund und Pferd, die regeln das praktischerweise selber).

Baby anziehen draussen

Die ersten Tage alleine mit David im Krankenhaus fand ich total grausam, weil ich immer Angst hatte, irgendetwas falsch zu machen. Sogar das Wickeln musste ich mir zeigen lassen und habe mich wie der totale Versager gefühlt, dass ich das bei meinem eigenen Kind nicht konnte.

Es spielt sich dann alles ziemlich schnell ein, aber ein bisschen glaube ich, dass ich die Anfangszeit bei einem eventuellen zweiten Kind deutlich mehr genießen könnte.

Fazit

Eine liebe Followerin bei Facebook hat die Herausforderungen im Leben mit Baby wunderschön in Worte gefasst, die ich hier gerne zitieren möchte:

„Dass keiner zurück steckt kann ich leider nicht behaupten. Ich habe das Gefühl EINER steckt immer zurück – entweder hat man das Gefühl, das Pferd macht zu wenig oder der Hund oder der Haushalt oder die Beziehung und fast immer man selbst. 

Für mich war der Knackpunkt, mit diesem Zustand Frieden zu schließen. 

Zu akzeptieren, dass das Pferd vielleicht nicht mehr so gut trainiert ist.
Und der Hund weniger Aufmerksamkeit bekommt.
Und zu sehen , dass es trotzdem allen richtig gut geht.“

Dem möchte ich mich gerne anschließen. Mein Leben mit David ist krass. In vielerlei Hinsicht. Es ist schön und anstrengend. Und das beides ziemlich doll.

Auch wenn es manchmal wirklich nicht einfach ist – ich möchte es nicht mehr gegen mein altes Leben eintauschen.

Leben mit Baby Fazit

Bilanz dieses Blogposts

Benötigte Tage: 4

Stillpausen: 7

Getrunkene Kaffee: 3

Vollgespuckte Oberteile: 1

Gewechselte Windeln: 4

Rechtschreibfehler: Vermutlich einige. Sorry.