Bin ich ein Social Media Fake?

veröffentlicht von Sarah am 3. März 2016

FAKE Header

„Social Media is not real life.“ Mit diesem Satz hat das Instagram-Model Essena O’Neill für Aufsehen gesorgt. Über Nacht löschte sie einen Großteil ihrer Fotos und versah die noch verbliebenen Bilder mit neuen Beschreibungen, wie: For this photo I hardly ate for a week. I bought this bikini just for this photo. I posed for hours until the photo was perfect. Don’t be fooled by social media.“

Ja, Social Media ist nicht echt. Wir sehen nur das, was die Leute uns sehen lassen wollen.

Das wissen wir eigentlich alle ziemlich gut, oder?

Trotzdem bin ich immer wieder erstaunt, wie ich mich selber so oft täuschen lasse.

Wie ich mich selber mit meinen Freunden vergleiche und neidisch ihre Fotos betrachte.

Erst vor Kurzem habe ich mich lautstark bei Timo beschwert: „Meine Freunde sind gerade alle auf Thailand in der Sonne, trinken den ganzen Tag Smoothies, machen Yoga in der Sonne, gehen Surfen und schlafen abends mit Blick aufs Meer ein. Und ich? Ich habe Schneematsch und stinke nach Stall!“.

Überhaupt erschienen mir meine ganzen Blogger-Kollegen und digitalen Nomaden-Freunde immer viel erfolgreicher als ich.

Hier auf einem Event, da einen Star getroffen, schon wieder kostenlos im Hotel übernachtet, den nächsten Kunden an Land gezogen …

Wie machen die das nur?

Inzwischen weiß ich: So ist es überhaupt nicht.

Das ist wieder nur das Bild, das ich über Facebook von meinen Freunden und Bekannten habe.

Denn ab und an kommt ein anderes Bild durch. Meist nur als kleiner unscheinbarer Status. Oder als eingeschobener Satz zu einem dieser unfassbar neidisch-machender Bilder.

„Tausende Kilometer liegen hinter mir – 28 neue Länder entdeckt – weit über 50 Flüge absolviert – 21 Interviews gegeben – die eigene Produktionsfirma gegründet – aber auch mehr geweint, als gelacht (…)“

„Heute bin ich mal auf der anderen Seite von Koh Lanta bei ein paar Freunden, die sich hier eine kleine Villa gemietet haben – zum gemeinsamen Arbeiten und Urlaub machen. Sehr schön, hier zu sein! Um ehrlich zu sein und auch mal nicht nur die Sonnenseiten mit euch zu teilen, kann ich euch aber sagen, dass ich seit mehreren Wochen ziemlich erschöpft bin. (…)“

Damit möchte ich jetzt auf keinen Fall sagen, dass Erfolg immer eine Schattenseite hat!

Oder behaupten, dass alle glückliche Menschen in Wirklichkeit nur glücklich tun und heimlich weinen.

Nein, gar nicht.

Es geht mir einfach nur darum, für mich selber dieses Bild wieder gerade zu rücken, das Social Media mir nicht nur von fremden Leuten, sondern sogar von meinen eigenen Freunden vermittelt.

Ich bekomme selber öfters Nachrichten, die sagen:

„Wow, dein Leben hätte ich auch gerne.“

oder „Du bist auch immer nur am Lachen, oder?“

Und genau da hat Social Media auch von mir ein eindimensionales Bild erstellt, das von vielen nur allzu gerne aufgesogen wird.

An sich ist es mir auch gar nicht so wichtig, was für ein Bild du von mir hast.

Mir ist aber wichtig, dass dieses Bild, das du hast, dich nicht herunterzieht. Dass es dich nicht denken lässt, dass alle anderen es besser haben als du oder dass du ein Versager bist oder nicht genug Mut im Leben hattest oder oder oder …

Denn das ist Quatsch.

Sich mit anderen Leuten zu vergleichen ist eigentlich immer Quatsch, aber ich weiß genauso gut wie du, dass sich das nicht so einfach abstellen lässt. Richtig?

Aber sich mit Social Media Menschen zu vergleichen, ist sogar noch mehr Quatsch als es im echten Leben zu tun.

Warum hast du so ein positives Social Media Bild von mir?

Weil ich mich selten heulend fotografiere und noch seltener diese Fotos online stelle. Was nicht bedeutet, dass ich selten heule.

Ein Foto gibt es sogar, das ich kurz nach einer Heulattacke auf einer Wanderung gemacht habe. Aber vor lauter Schweiß ist das vermutlich nicht so richtig zu erkennen und ich hatte mich immerhin schon wieder so weit beruhigt, dass ich das Smartphone zücken konnte.

Ein anderer Punkt ist, dass ich auf der Verwandert Facebook Seite nunmal fast ausschließlich Dinge poste, die eben mit dem Wandern mit Egon zu tun haben.

Während wir unterwegs sind, bekommst du die Bilder live und jetzt in der „Nebensaison“ siehst du dort nachträglich bearbeitete Fotos der Touren zum Nachträumen.

In meinem Alltag sitze ich aber auch fast den ganzen Tag am Laptop und arbeite. Zum Teil am Blog und zum Teil als Freelancer.

Ich trage eine Jogginghose (ja, ich gebe es zu!) und irgendwelche Outdoor-Oberteile, sitze immer am selben Ort, der Hund liegt mit im Arbeitszimmer und seufzt jedesmal theatralisch, wenn ich eine Email-Benachrichtung bekomme und generell ist mein Alltag ziemlich öde.

Zumindest zu öde, um ihn auf Social Media vorzustellen.

Hier auf dem Blog versuche ich schon, so ehrlich wie nur möglich zu schreiben.

Ich schreibe auch über meine Ängste und über Unzufriedenheiten und generell ziemlich ehrlich über meine Gedanken und Gefühle.

Bei Facebook habe ich aber einfach Lust darauf, positive Bilder zu posten. Mir macht es selber Spaß, meine Wanderungen noch einmal nachzuempfinden, knuffelige Pony-Fotos zu machen und mich zu freuen, wie genial mein letztes Jahr war.

Das möchte ich auch gar nicht ändern, weil es sich für mich schon richtig anfühlt.

Ich möchte dich aber bitten:

Bitte denke nicht, dass mein Leben perfekt und immer nur Sonnenschein ist. Bitte sieh mich als ganz normale Person mit Ecken, Kanten und schlechten Tagen.

Bitte freue dich über meine Fotos, aber lass sie dir kein schlechtes Gewissen oder eine schlechte Stimmung machen.

Und:

Vergleiche nicht dein wirkliches Leben mit meinem Social Media Leben.

Header-Foto von Alice Wonderland