Die Schattenseiten beim Reisen mit Pferd
Vor Kurzem habe ich den Bericht einer anderen Bloggerin gelesen, in welchem sie ihren 2-Tagesritt mit eigenem Pferd beschreibt. Ein tolles Erlebnis sollte man meinen, doch sie war psychisch während dieser Reise komplett am Ende.
Ich weiß nicht, wie der Bericht bei anderen Lesern angekommen ist, aber mich hat er sehr berührt und angesprochen.
Wer schreibt denn schon so ehrlich von seinen Schwächen? Möchten wir nicht alle viel lieber unsere Abenteuer als großartig darstellen, statt einzugestehen, dass wir uns vielleicht übernommen haben?
Deswegen möchte ich dir auch heute von den Schattenseiten auf meinen Reisen berichten.
Nicht, um jetzt alles schlecht zu reden. Sondern einfach um dir zu zeigen, dass selbst bei mir, die wirklich viel mit Pferd unterwegs ist, nicht immer alles nach Plan läuft und ich manchmal an meine Grenzen stoße.
Ich glaube, das Anstrengendste am Reisen mit Pferd ist die Verantwortung, die man permanent spürt. Da hat man ein Tier und setzt dieses plötzlich Situationen aus, die weit außerhalb der eigenen und oft auch der pferdischen Komfortzone liegen.
Manchmal zögert Egon, wenn ich ihn vor einer Tour in den Hänger laden möchte. Und dies ist schon der erste Moment, in dem ich mir Vorwürfe mache. Ist es wirklich so toll, ihn von seiner Herde wegzuholen und bis zu 7 Stunden in den Hänger zu verfrachten? Ist das überhaupt in seinem Interesse? Oder mache ich hier etwas, was nur mir Spaß macht, egal, was mein Pferd davon hält?
Leider (oder zum Glück?) können unsere Pferde uns diese Fragen nicht beantworten. Und so muss ich abwägen – jedes Mal aufs Neue.
Im Nachhinein bin ich überzeugt, dass Egon jede unserer Touren genossen hat. Sicher nicht jeden einzelnen Moment. Aber in der Gesamtheit war er zufrieden und ausgeglichen.
Ich merke sogar, wie er unleidlich wird, wenn ich länger nicht mehr mit ihm auf Reisen war. Dann ist er zickig und mit sich und der Welt unzufrieden. Waren wir dann wieder auf Tour ist er danach der absolute Schatz und ganz ruhig und liebevoll mir gegenüber.
Ich wage es also zu behaupten, dass auch mein Pferd unsere Touren genießt.
Und trotzdem gibt es Momente, in denen ich mich frage, warum zur Hölle ich mir diesen Stress überhaupt antue.
Es gibt Nächte auf diesen Reisen, in denen ich wach liege und meinem Pferd dabei zuhöre, wie es in seinem Paddock Kreise läuft und alle 3 Minuten laut und suchend wiehert. Ich stehe jede halbe Stunde auf, leiste ihm Gesellschaft und bringe ihm neues Heu, doch nichts kann ihn dann beruhigen.
Ich weiß nicht, ob ich jemals so eine dicke Haut haben werde, dass mich das kalt lässt.
Natürlich ist nach so einer Nacht die Stimmung angeschlagen und nicht selten verbringe ich den restlichen Tag damit, mir Sorgen zu machen, ob die nächste Nacht genauso wird.
Das Fiese dabei ist, dass ich solche Situationen nicht vorhersehen kann. Ich weiß prinzipiell, was Egon gefällt und was nicht. Aber eine Garantie gibt es nicht. Manchmal hasst er Übernachtungsplätze, die ich vorher als ideal eingestuft hätte. Und manchmal kommt er an einem Ort an und ist sofort tiefenentspannt.
Die Nächte sind bei meinen Touren wirklich ein Knackpunkt und oft das, was mich am meisten belastet. Deswegen versuche ich auch, so viel wie möglich in Wanderreitstationen unterzukommen.
Doch diese gibt es natürlich nur sehr begrenzt und oft nicht in den Abständen, in denen ich sie bräuchte. Und ganz sicher, dass Egon sich dort wohlfühlt, kann ich auch nie sein.
Es wandert also immer diese Unsicherheit mit, nicht zu wissen, was mich mit Egon erwarten wird.
Aber nicht nur die Nächte können zur psychischen Belastungsprobe werden. Auch die Tage haben es manchmal in sich.
Ich erinnere mich vor allem an diesen einen Tag. Es waren über 30 Grad angesagt und ich habe mich schon die ganzen vorherigen Tage deswegen verrückt gemacht. Normalerweise würde ich bei solchen Temperaturen nicht wandern gehen, aber wir waren schon mehrere Tage unterwegs, der Hänger in unerreichbarer Nähe und alle Unterkünfte auf den Tag genau vorgeplant.
Also liefen wir los und versuchten, so viel Wegstrecke wie nur möglich im Wald zurückzulegen. Es war trotzdem irre warm, wir wurden von Mücken und Bremsen nur so attackiert und die auf unserer Karte eingezeichneten Wege entpuppten sich als Labyrinth aus Baumstämmen, über die Egon springen musste.
Dann führte der Wanderweg auch noch steil einen Berg hinauf und ich krabbelte zum Teil auf allen Vieren hinter meinem Pony her. Ich war staubig, durstig, erschöpft und machte mir riesige Vorwürfe. In meinen Gedanken würde Egon in jeder Sekunde verdurstet neben mir zusammenbrechen.
Oben auf dem Berg angelangt gab es keine Grasfläche und überhaupt keinen anderen Ort, um Pause zu machen. Zudem versperrten Bäume die komplette Aussicht, auf die ich mich so gefreut hatte.
In dem Moment bin ich heulend zusammengebrochen. Nicht wegen mir oder weil mir das alles zu anstrengend wurde. Sondern weil ich mir unheimlich Vorwürfe machte, dass ich das meinem Pferd antue.
Timo konnte mich nicht davon abhalten, das letzte bisschen meines Trinkens in Egons Falteimer zu leeren und ihm schluchzend hinzuhalten.
Und was war? Er hatte überhaupt keinen Durst und war sichtlich verwirrt, was ich für komische hysterische Laute von mir gab.
Auf dieser Tour gab es noch einige Momente, an denen ich aufgeben wollte. Jetzt im Nachhinein weiß ich, dass wir uns mit den Tagesetappen übernommen haben. In dem Gelände waren 20 km am Tag einfach zu viel.
Doch diese Erfahrung musste ich erst einmal machen, um es jetzt besser zu wissen und entsprechend zu planen.
Ich lege inzwischen sehr viel Wert auf Entspannung während meiner Reisen, komme gerne schon früh in meiner Unterkunft an und genieße gutes Essen, ein gemütliches Bett und viel Zeit für mich.
Aber wenn ich ganz ehrlich zu dir sein soll: Das Reisen mit einem Pferd wird nie komplette Entspannung für mich sein.
Dafür bin ich vermutlich dann doch zu sehr Kopfmensch und mache mir zu viele Gedanken und Sorgen.
Wenn du mit deinem Pferd wandern oder wanderreiten möchtest, dann solltest du das tun, weil du mit diesem Pferd gerne Zeit verbringst. Du solltest es nicht tun, um einen erholsamen Urlaub zu erleben. Denn das wird es höchstwahrscheinlich nicht werden.
Ich liebe das Wandern mit Egon sehr und mich juckt es schon wieder in den Füßen, loszulaufen. Ich kann mir keinen cooleren Job vorstellen.
Trotzdem brauche ich ab und an so richtige Entspannung und genieße es, mit Timo auch mal ohne die Tiere wegzufahren. Das hat eine ganz andere Qualität für uns als Paar und wir haben dann viel mehr Zeit füreinander.
Das Reisen mit Pferd hat definitiv Schattenseiten und führt mich immer wieder an meine Grenzen. Aber letztlich macht das ja auch ein bisschen den Reiz aus, oder?
Was sind deine Erfahrungen zum Reisen mit Tier? Ich freue mich über deinen Kommentar dazu!
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