Wie ist es denn so auf Zypern?
Ja, wie ist es denn nun so auf Zypern? Seit fast zwei Monaten sind wir nun hier in unserem neuen Leben angekommen. Ein Leben, das gerade erst wieder angenehm ruhig wird (sofern man das Zusammenleben mit einem 2-jährigen Kind als ruhig bezeichnen kann).
Die ersten Wochen waren definitiv herausfordernd. Sowohl organisatorisch als auch mental. Während bei meinen Freunden das digitale Nomadenleben immer so easy aussieht, musste ich mir eingestehen, dass ich schon einiges vermisse.
Die ersten 2 Stunden habe ich quasi alleine in Zypern verbracht, während Timo sich mutig dem Linksverkehr gestellt, unser Mietauto abgeholt und in unser AirBnB gefahren ist. Ich habe mit David und Sturmi erst am Flughafen gewartet und etwas eingeschüchtert die zypriotischen Taxifahrer beäugt, die vor dem Terminal waghalsige Parkmanöver inklusive Hupen, Schreien und Pfeifen vollbrachten (genau genommen schreien die Zyprioten gar nicht immer, aber zur Hightime am Flughafen kann mir keiner mehr erzählen, die würden sich nur nett unterhalten).
Den Weg zu unserer ersten Unterkunft bin ich dann mit Sturmi zu Fuß gelaufen. Zum Glück schon in der Abenddämmerung, so war es nicht mehr ganz so heiß.
Vorbei an Straßenkatzen, Staub und Plastikmüll. Nein, schön kam mir Zypern in dem Moment wirklich nicht vor.
Ich habe auch die nächsten Tage noch gebraucht, bis ich Zypern als „schön“ bezeichnen konnte. So anders war die Landschaft. Alles karg, hell und sandig.
Trotzdem habe ich die ersten Wochen überwiegend als sehr, sehr positiv empfunden. Wir hatten eine 2-Zimmer Ferienwohnung mit riiiieeesiger Dachterrasse, in der wir uns sofort extrem wohl gefühlt haben. Dank Mietauto konnten wir auch viel herumfahren und die Insel entdecken. Und außerdem gab es natürlich viel zu tun: Wir mussten innerhalb von 2 Wochen eine Langzeit-Unterkunft finden, uns anmelden, für unser Unternehmen alles in die Wege leiten und innerhalb von 4 Wochen ein Auto kaufen.
Als wir auf Zypern angekommen sind, wussten wir noch gar nicht, wo wir einmal wohnen wollen. Schon nach dem ersten Wochenende war jedoch klar, dass wir im Umkreis von Larnaka bleiben. Zu sehr hatten wir uns in diese Stadt verliebt, die so herrlich natürlich und gemütlich ist.
Mir fiel sder Gedanke super schwer, dass wir aus unserer Ferienwohnung wieder ausziehen müssen. Innerhalb von 2 Wochen hatten wir uns so etwas wie einen Mini-Alltag aufgebaut: Ich kannte die Gegend, hatte erste Leute kennengelernt, kannte die Supermärkte … warum aus einer Gegend wieder wegziehen, an die man sich schon gewöhnt hat?
Letztlich hat es sich dann aber so ergeben, dass wir ein absolutes Traumhaus auf der anderen Seite von Larnaka bekommen haben. An den Strand und zu manchen Aktivitäten fahren wir nun noch immer in unsere „alte“ Gegend zurück, aber wohnen tun wir dafür absolut traumhaft.
Wir haben ein ganzes Haus für uns alleine, mit viel Platz und einem komplett eingezäunten Garten. Perfekt mit Kind und Hund. Außerdem haben wir vor dem Haus einen großen Gemeinschaftspool mit Babybecken, den wir unbegrenzt nutzen können.
Hier im Komplex leben noch viele andere Kinder, sodass David oft jemanden zum Spielen hat.
Auch ist es hier so herrlich ruhig. Man hört keine Autobahn oder sonstiges – es ist einfach nur herrlich. Und einen Vorteil hat diese Gegend hier auch: Wir wohnen quasi direkt an der Grenze zum türkisch besetzten Teil Zyperns und können innerhalb von wenigen Minuten die Grenze passieren.
Nachdem wir also nach genau 2 Wochen in unser neues Langzeit-Zuhause umgezogen waren, ging es nun um den Autokauf. Geworden ist es ein 20 Jahre alter Landrover, den ich absolut liebe. Ich glaube, Timo ist etwas genervt davon, da er wirklich saulaut beim Fahren ist und einige Kratzer hat (die waren vorher schon da, ehrlich!), aber ich fühle mich in dem Auto absolut wohl und fahre ihn gerne. Ein Schaltwagen übrigens, wenn ich das hier stolz hinzufügen darf. Ich kann nämlich links fahren UND schalten, so! 😉
Das Anmelden des neues Autos war übrigens ein Paradebeispiel davon, wie hier auf Zypern gearbeitet wird. Da ich das Problem schon in der Strombehörde, dem Einwohnermeldeamt und eigentlich überall vorher kennengelernt habe, fragte ich diesmal vorbereitet den Autoverkäufer:
„Mal ganz realistisch gesehen, wie lange denkst du, wird das Anmelden dauern? Eine Stunde? Zwei Stunden?“
„Waaas, bist du verrückt?! 10 Minuten!“
Es waren dann 4 Stunden.
Und das nicht etwa, weil der Andrang so groß war. Wir waren um 8 Uhr morgens da und vor uns waren nur zwei weitere Personen. Ich kann nichtmal sagen, warum es 4 Stunden gedauert hat. Von 6 Schaltern ist maximal einer besetzt und auch diese Person verlässt zwischendurch des Öfteren den Arbeitsplatz und macht … keine Ahnung.
Dabei wird aber niemand ungeduldig, alle sind freundlich und entspannt. Dinge dauern hier eben. Man hat Zeit. (Und ich habe gelernt, nie wieder mein Kind zu solchen Terminen mitzunehmen).
Nach Haus, Auto und verschiedenen Unternehmens-Organisations-Terminen, haben wir dann noch einen Kindergartenplatz für David gesichert. Im Nachbarort in einem griechisch-sprachigen. Ich bin sehr gespannt, wie das wird und wie schnell David anfangen wird, griechisch zu sprechen.
Derzeit spricht er fast ausschließlich Deutsch, versteht aber vieles auf Englisch und beginnt nun, da wir seit 2 Wochen englischsprachigen Besuch bei uns haben, auch Englisch zu reden. Gut, dass dies erstmal nur „No!“ und „Go away“ ist (auf mich bezogen, wenn seine Babysitterin doch soo viel besser Saft in seinen Becher füllen kann als ich) – geschenkt.
Ich glaube, dass er ziemlich schnell zumindest griechisch verstehen wird.
Eigentlich eine gute Gelegenheit, dass ich das Griechisch Lernen auch nochmal angehe, aber das ist wirklich eine schwierige Sprache. „Erschwerend“ kommt hinzu, dass wirklich jeder hier perfekt Englisch spricht. Alle Aktivitäten sind auf Englisch möglich. Zypern ist einfach unglaublich multikulturell, es ist herrlich.
Hach, irgendwie machen diese Dinge auch Zypern aus. Klar, das extrem gute Wetter und das Meer ist natürlich auch einfach ein Traum. Aber das Leben ist so .. entspannt hier. Die Zyprioten sitzen gefühlt den ganzen Tag nur draußen im Café. Das ganze Leben spielt sich draußen ab – man trifft sich abends im Restaurant am Meer, raucht Shisha, redet, lacht, isst. Oder trifft sich tagsüber auf einen Frappe in der Beachbar.
Nach meiner Yogastunde ist extra Zeit zum „Spielen“ eingeplant – zwei Stunden nach den zwei Stunden Training, in denen die Teilnehmer wie begeisterte Kinder, neue Dinge ausprobieren, Handstand üben, reden und Frappe trinken.
Zuerst habe ich gedacht, ich werde hier faul. Vielleicht ist das auch so.
Derzeit arbeite ich von morgens um 8 bis mittags um 12. Und das war’s. Danach lese ich, fahre an den Strand, ins Café oder gehe zum Pool. Nur 4 Stunden arbeiten pro Tag war in Deutschland für mich undenkbar.
Witzigerweise bekomme ich trotzdem alles fertig. Und verdiene fast genauso viel Geld wie vorher.
Heimweh habe ich immer noch. Ich vermisse so vieles: Allen voran natürlich Egon, aber auch meine Freunde, meine Hobbies und meine Familie. Manchmal vermisse ich sogar das kühlere Wetter.
Vieles, sehr vieles, tut sich gerade in meinen Inneren. Zypern ist ein spannender Transformationsort für mich. Ich merke, dass ich viele Glaubenssätze und Einstellungen noch überarbeiten darf. Dass ich noch mehr entspannen kann, innerlich. Ich bin sehr gespannt, wie mein Leben hier so weiter geht.