Von Umzügen, Reisen und einem Outing

veröffentlicht von Sarah am 7. April 2015

Umzugsgedanken

Ich sitze im Wohnzimmer zwischen Kisten und losem Chaos und hab gerade mal eine halbe Stunde Zeit durchzuatmen. So ein Umzug ist wirklich unglaublich stressig.

Timo und ich haben ja vorher schon ein ganzes Haus für uns alleine gehabt.

Das ist toll, da man viel Platz hat für Gäste, Partys und Hobbies. Schlecht, da man viel Platz hat für Kram, Kram und nochmals Kram.

Unfassbar, was sich da alles ansammelt. Fast bin ich ein bisschen erleichtert, dass wir nach 3 Jahren diesen Umzug angehen, denn so können wir viel nutzloses Zeug aussortieren und aufgeräumt neu starten.

Das neue Haus ist übrigens sooo toll! Natürlich ist es noch das totale Chaos. Aber es wird! (wohl mein Lieblingssatz der letzten 3 Wochen) Es hat zwei Kamine, einen in jeder Etage. Außerdem ist Küche, Kaminzimmer und Wohnzimmer alles ein riesengroßer Raum – lediglich optisch abgetrennt durch dunkle Holzbalken. So richtig Bauernhaus-Style.

Naja und natürlich das absolute Highlight: Egon steht direkt vor der Tür! Wenn du mir auf Facebook oder Instagram folgst, hast du ja auch schon Fotos davon gesehen. Ist das nicht ein Traum? Seit ich denken kann, wollte ich immer in einem großen Bauernhof wohnen mit meinen ganzen Tieren drum herum. Ein großer Bauerhof ist es jetzt noch nicht, aber definitiv ein Schritt in die richtige Richtung.

Eigentlich sollte ich ja Kisten auspacken, doch jetzt stehe ich alle fünf Minuten am Küchenfenster und beobachte Egon.

Da gibt es schließlich auch ständig was zu sehen! Egon frisst Heu, Egon steht im Wind, Egon legt sich hin, Egon steht im Schnee, Egon döst, Egon äppelt, Egon rennt unter dem Zaun durch… Kino ist nichts dagegen!

Ein bisschen doof ist, dass ich immer noch kein Internet habe. Erst ab dem 10. April wieder. Das ist immer noch soo lange, sind die bei der Telekom verrückt?! Mir fehlt das Veröffentlichen von Blogeinträgen, das Lesen von lieben Kommentaren und das Surfen auf anderen Blogs.

Andererseits genieße ich diese „freie Zeit“ auch etwas. Ich merke, dass es mir gut tut, einen halben Tag draußen bei den Pferden zu verbringen. Einfach mal runterzugehen und Egon zu kraulen. Von den Großen angebrummelt zu werden, wenn ich die Heugabel in die Hand nehme. Mir zum Verkauf stehende Ponys anzusehen (mehr dazu in einem anderen Beitrag. Wahrscheinlich 😉 ).

Aber so langsam werde ich nervös. Wie soll ich denn auch Geld verdienen, wenn ich kein Internet habe? Die Zeit, die ich mal kurz bei einer Freundin in der Küche mit WLAN verbringe, reicht gerade zum Email durchsehen und beantwortet.

Generell hat mich dieser Umzug irgendwie ganz schön ausgelaugt. Was mich zum zweiten Teil meiner Überschrift bringt.

Vielleicht erstaunt dich das jetzt, aber ich bin so absolut gar nicht belastbar. Vieles stresst mich sehr schnell und ich mache mich in meinem Kopf total verrückt. Das ist zwar schon wesentlich besser geworden, aber immer noch ein großer Teil meines Lebens. Warum ist das so? Nun, das weiß ich nicht genau. Sicher weiß ich aber, dass ich vor etwa einem Jahr die Diagnose bekam: Depression.

Es war ein langer Kampf für mich, bis ich Hilfe bekam, die mir überhaupt sagen konnte, was ich hatte. Und ein noch längerer bis ich mein Leben so geändert habe, dass es mir besser ging.

Derzeit bin ich in Therapiepause und versuche langsam meine Medikamente auszuschleichen, was ebenfalls an meinen Nerven zieht. Ich habe jetzt soo lange überlegt, ob ich das überhaupt veröffentlichen möchte. Irgendwie schwingt doch immer die Angst mit, danach anders behandelt zu werden. Vielleicht keinen Job oder keine Kunden mehr bekommen.

Aber eigentlich ist das doch Quatsch, oder? Es ist doch nur eine Krankheit wie jede andere auch.

Mischa von Adios Angst hat in seiner Liebeserklärung an depressive Menschen vieles ausgesprochen, was mich derzeit aufgrund der medialen Berichterstattung beschäftigt. Deswegen will ich dir gegenüber jetzt auch ehrlich sein und das nicht mehr verschweigen. Denn die Depression bzw. die Anfälligkeit dafür bestimmt ja auch vieles in meinem Leben.

Und das meine ich jetzt ganz positiv. Ich habe gelernt, mir Zeit für mich selbst zu nehmen. Mit meinen Gefühlen umzugehen. Im Moment zu leben und nicht über die Zukunft zu grübeln. Manchmal aber auch, mich zurückzuziehen.

So ein bisschen habe ich mit diesem Post vielleicht auch die Hoffnung, dass ich andere Leute inspiriere. Ich habe trotz Depression vieles geschafft, auf das ich unglaublich stolz bin. Mir eine Selbstständigkeit aufgebaut. Meinen Hänger-Führerschein gemacht. Gereist.

Und seit ich mein eigenes Ding mache und mein Leben so lebe, wie ich möchte und nicht so, wie ich sollte, geht es mir so viel besser. Nein, mir geht es nicht nur besser – mir geht es richtig gut.

Das trifft nicht nur auf Menschen mit psychischer Erkrankung zu, sondern auf jeden. Wenn dich etwas in deinem Leben nicht 100% glücklich macht, dann sorge dafür, dass du es so änderst, dass es das verdammt nochmal tut! Das kann eine Kleinigkeit sein, wie das Chaos in der Küche, oder eine größere Sache, wie dein Job. Du alleine bist dafür verantwortlich wie es dir geht. Niemand anderes!

Und wenn dein Herz dir sagt, du solltest dir ein Pony kaufen, zu deinem Pony ziehen und mit diesem durch Deutschland wandern, dann wird dich auch genau das glücklich machen. Versprochen 😉

Puh, damit habe ich mein Outing auch geschafft.

Wie geht es jetzt bei uns weiter?

Über Ostern waren Timo und ich auf einer Bloggerreise in Luxemburg. Und es war sooo toll! Ich bin ganz begeistert! Wir waren dort im Mullerthal, in der kleinen Luxemburgischen Schweiz, wandern. Gestern habe ich schon schnell die Fotos und Videos durchgesehen – das wird ein richtig cooler Bericht darüber. Bleib gespannt!

So, und schon düse ich wieder weiter. Heute werde ich noch einige Kisten auspacken und dann den Egon entflusen. Unglaublich, was der derzeit an Haaren verliert 😀 Bis bald!

Headerfoto von Ulrike Erdmann Fotografie