Mit dem Packpony durch die Sächsische Schweiz – Teil 1

veröffentlicht von Sarah am 15. Juni 2015

10 Tage Sächsische Schweiz

„Oh, jetzt müssen wir uns aber gut vertragen“, sagt Marie bei einem Blick in mein Zelt. Unsere Isomatten überlappen sich in der Mitte. Es gibt keinen Platz, um nach außen auszuweichen, keinen Platz, um die Beine beim Schlafen anzuwinkeln. „Besser ist das“, antworte ich und ziehe etwas nervös an den Zeltstangen.

10 Tage liegen vor uns. 10 Tage, auf die wir beide furchtbar nervös, aber auch sehr gespannt sind. 10 Tage Sächsische Schweiz – etwa 150 Kilometer, begleitet von unseren beiden Shetlandponys.

Noch stehen wir bei Kessy, der Shettystute von Marie, im Schönfelder Hochland auf der Weide. Egon ist schon über beide Ohren verliebt. Kessy findet seine Annäherungsversuche dagegen einfach nur peinlich und scheucht ihn immer wieder weg. Typisches Beziehungsdrama. Ich hoffe, dass sich das in den nächsten Tagen legen wird und wir uns alle vier gut verstehen.

Sächsische Schweiz Pony

Getroffen haben Marie und ich uns erst ein einziges Mal vorher – auf der Erfurter Pferdemesse zwischen Westernturnier und Stiefel kaufen. Da haben wir Pläne geschmiedet und Kilometer gezählt. Während Marie sich um die Streckenplanung gekümmert hat, habe ich die Unterkünfte organisiert. Gar nicht so leicht, wie sich herausstellen sollte. Zum Glück hat am Ende dann doch noch alles gepasst, auch wenn wir den Termin einmal komplett umwerfen mussten.

Tag 1 – erstmal ankommen

Jetzt geht es erst einmal zu einem gemütlichen Picknick mit Blick über Dresden und das Osterzgebirge.

Picknick Schönfelder Hochland

Ich binde Egon an seinen Bodenpflock und lasse meinen Blick schweifen. Ein komisches Gefühl, zu wissen, dass ich die nächste Tage in unbekannter Gegend unterwegs sein werde.

Rockauer Aussicht

Tag 2 – Rundweg zum Schloss Pillnitz

Die erste Nacht im Zelt klappt erstaunlich gut und ich friere auch nur ein ganz kleines bisschen. Am nächsten Morgen scheint die Sonne und Egon kommt zum Guten–Morgen-sagen sogar direkt zu mir ans Zelt. Ich bin seelig. So macht das Aufwachen doch Spaß.

Zelten mit Pferd

Unsere erste Tagestour steht an – erst einmal ohne Gepäck auf den Ponys. Das passt mir ganz gut, denn Egon hatte sich ein paar Tage zuvor den Bauch aufgerieben und ich will die empfindliche Haut noch schützen. Also laufen wir mit den zwei Minis am Strick los durch den Friedrichsgrund.

Friedrichsgrund Sachsen

Das klappt schon einmal sehr gut. Die zwei Kleinen laufen ein gemeinsames Tempo und Egon scheint richtig Spaß daran zu haben, mit einem anderen Pony die Gegend zu erkunden.

So laufen wir auch zur so genannten künstlichen Ruine, die 1785 als Gegenstück zum Schloss Pillnitz erbaut wurde. Ein schöner Ort, der sich natürlich perfekt für ein Foto eignet.

Künstliche Ruine

Kurz danach kommen dann, wovor es Marie und mir schon gegruselt hat: Touristen. Und zwar scharenweise. Sie steigen aus Bussen aus, stehen auf Bürgersteigen im Weg und wir haben alle Mühe uns mit den zwei kleinen Ponys irgendwie durchzubahnen.

Einmal müssen wir leider mitten durch eine Senioren-Gruppe durchgehen. Die natürlich nicht einfach nur gucken, sondern auch gleich anfassen müssen. Wenn Egon jetzt austritt wird es so richtig peinlich für mich. Ich versuche meinen Stress für mich zu behalten und antworte sogar noch auf die entsetzten Fragen eines Rentners:

„What is THAT??“

„It’s a pony“

“A pony??”

“Yes, a pony. A horse”

“Oh, ok. So, it’s from Norway?”

“What? No. It’s here from Germany!”

Mich noch wundernd gehe ich weiter und wir sind endlich in einem Park, wo wir zumindest den Leuten etwas ausweichen können. Puh, ist das auch geschafft.

Autofähre beim Schloss Pillnitz

Eigentlich wollen wir jetzt mit der Autofähre auf die andere Elbseite übersetzen. Doch leider fährt diese ausgerechnet heute nicht. Wie ärgerlich. So entscheiden wir uns, uns das Schloss Pillnitz mal genauer anzusehen.

Ein Schild klärt uns über sämtliche Verbote auf dem Schlossgelände auf: Reiten, Grünflächen betreten, Hunde frei laufen lassen. Von Ponys führen steht da nichts. Also weiter.

Pony beim Schloss Pillnitz

Auf der anderen Schlossseite können wir im Gras etwas entspannen. Nur wenige Touristen scheinen diese extra Meter zu laufen und so ist es angenehm ruhig. Wir stärken uns mit einem Fischbrötchen ehe wir uns wieder an die Elbe in Position stellen.

Wir möchten nämlich unbedingt ein Foto von uns und den Ponys während im Hintergrund ein Schiff auf der Elbe vorbeifährt. Kurz darauf ist es auch soweit und Maries Schwager drückt fleißig auf den Auslöser. Im Schlosspark steht ein Querflöten-Spieler, der genau in diesem Moment den Titelsong von Titanic zum Besten gibt. Kitschiger kann dieser Moment nicht werden.

Dampfer am Schloss Pillnitz

Der Rückweg wird dank Berg noch einmal richtig anstrengend, doch Marie verspricht mir ein Eis am Ende des Berges. Während sie die Ponys hält, stolpere ich in die Gaststätte und muss mich kurz orientieren.

Etwa 20 wohl-gekleidete Herrschaften starren mich von ihren Sitzplätzen aus irritiert an. Mir ist alles egal, meine Kleidung klebt an mir, am Hosenbein ist noch Pferdesabber zu sehen und ich laufe mit den Worten „Eiscreme? Eiscreme? Wo?“ an allen vorbei. Dabei knalle ich mit meinem Gepäck an einen Stuhl und muss beim Bezahlen dann noch den gesamten Inhalt meines Rucksackes ausleeren, um mein Portemonnaie zu finden. Glücklich halte ich endlich zwei Eiswaffeln in der Hand und stolziere triumphierend an den immer noch mit offenen Mündern starrenden Leuten wieder vorbei nach draußen.

Beim Eis essen dösen die Ponys dann entspannt neben uns und wir bleiben extra noch ein bisschen länger, um sie ruhen zu lassen.

Pause mit Packponies

Abends teste ich dann das erste Mal meinen Campingkocher. Kocher an das Gas, Feuerzeug an, Gas aufdrehen – kann doch nicht so schwierig sein. Doch ich drehe das Gas nicht weit genug auf und bin unsicher, ob es jetzt wirklich brennt oder nur das Gas so entweicht. Schnell drehe ich alles wieder zu und ärgere mich ein bisschen über mich selbst. Warum habe ich das auch sonst immer nur Timo machen lassen? Beim nächsten Anlauf klappt es dann und ich fühle mich wie ein Held als später die Nudeln tatsächlich al dente sind.

Tag 3 – Rundweg zum Doberberg

Am nächsten Tag soll ich das erste Mal auf die Sächsische Schweiz, also das Gebiet, dass ich die nächsten Tage durchwandern werde, blicken können. Marie und ich machen uns dafür mit den Ponys auf zu einem schönen Aussichtspunkt auf dem Doberberg.

Doberberg

Dabei geht es für uns schon wieder an einem Schloss vorbei und ich fühle mich schon ganz königlich.

Schloss Sachsen

Natürlich werden wir unterwegs wieder von anderen Leuten angesprochen und ich kann meine Liste der Sätze, die Ponywanderer wahnsinnig machen erfolgreich ergänzen. Wir gehen es heute angenehm ruhig an und machen viele Foto und Ess-Pausen.

Marie beim Fotografieren

So lässt es sich doch aushalten, zumal die Temperaturen wirklich perfekt zum Wandern sind und die Aussicht sowieso ein Traum!

Aussicht am Doberberg

Auch später am Abend genieße ich noch den warmen Frühling und liege eine Weile im Gras auf der Pferdeweide. Ich versuche mich von meiner Aufregung auf den morgigen Tag abzulenken und lese ein bisschen.

Tag 4 – die Bastei

Der nächste Tag, ein Dienstag, ist dann auch wirklich aufregend. Morgens um 11 Uhr verladen wir beide Ponys in meinen Hänger und eine liebe Nachbarin des Pferdehofes fährt uns alle zu dem touristischen Highlight überhaupt: Die Bastei!

Wie nah kommen wir da mit dem Pferdeanhänger überhaupt ran? Wir fahren einfach mal an den ersten Parkplätzen, Bussen und Menschenmengen vorbei. Hinter einer Kutsche müssen wir dann halten. Unsere Fahrerin steigt aus und beginnt mit dem Kutschfahrer zu diskutieren. Ich ärgere mich, dass es jetzt schon kompliziert wird. Da wird der Kutscher plötzlich doch noch freundlich und lotst uns auf einen Platz neben den Behinderten-Parkplätzen. Hier können wir wenigstens die Ponys schonmal abladen.

Die ersten Touristen kommen daraufhin natürlich direkt zu uns und wollen Auskunft „Warum so klein? Wohin? So schwer?“.

Da fängt es plötzlich an zu prasseln und ein Platzregen geht über dem Gebiet nieder. Ich hatte Egon gerade fertig bepackt und kann jetzt zusehen, wie Pony samt meinem ganzen Equipment vollgeregnet wird. Egon ist entsprechend auch nicht gerade beglückt und schaut mich entgeistert an. „Tut mir Leid Kleiner, da musst du jetzt durch“, flüstere ich ihm aus dem Hänger zu.

Zum Glück hält der Regen nicht lange an und Marie und ich machen uns auf den Weg. Die ersten Schritte weg vom Pferdeanhänger und weg von vertrautem Gebiet. Noch einmal winken und schon sind wir im Getümmel. Durch den Regen ist die Touristenflut zum Glück gerade etwas abgeflaut und schon stehen wir mitsamt den Ponys auf der ersten Aussichtsplattform. Wow!

Aussicht an der Bastei in der Sächsischen Schweiz

Natürlich kenne ich die Bastei von sämtlichen Postkartenmotiven und Prospekten. Und es ist wirklich schön dort. Ich bin ganz begeistert und wir versuchen, diesen Moment noch schnell mit meiner Kamera festzuhalten.

Bastei Aussicht

Der Haupt-Aussichtspunkt ist ständig von Touristen überlaufen und so lange wir auch warten, es ergibt sich keine Chance, auch nur mal 3 Sekunden alleine dort zu sein. Also schnappe ich mir kurzerhand Egon und begebe mich ins Getümmel. Gut, dass die Touris so mit Fotografieren beschäftigt sind, dass sie mich gar nicht richtig wahrnehmen.

Mit Pony auf der Bastei

Auf einem kleinen Wiesenstück hält Marie danach die Ponys fest, während ich lossprinte, um auch das typischen Postkarten-Foto zu machen. Ich jogge an allen Menschengruppen vorbei, schieße mein Foto und jogge alle Stufen wieder zurück.

Basteibrücke

Als ich zurückkomme ist Marie natürlich schon von Leuten umringt und wir laufen schnell weiter an den Parkplätzen vorbei.

Uff. Jetzt erst können wir das erste Mal durchatmen. Was für ein Start!

Mit Pony auf der Bastei

Ich bin unglaublich erleichtert, dass das so gut geklappt hat und die Ponys so artig waren. Unsere nächste Station ist der Hohburkersdorfer Rundblick, ein knapp 400m hoher Punkt, der eine fantastische Aussicht auf die Sächsische Schweiz bis zum Osterzgebirge bietet.

Aussicht Sächsische Schweiz

Weiter geht es für uns ein Stück durch das Polenztal. Doch irgendwas stimmt mit Egon nicht. Er läuft merkwürdig, so als würde er den Rücken wegdrücken. Ich mache mir natürlich gleich Sorgen, kann aber nicht herausfinden, was genau ihm bloß drücken könnte. Bei einem Anstieg rutscht dann auch noch der Sattel zur Seite und ich bin genervt. Blödes Wandern, blödes Gepäck!

Die nächsten zwei Stunden versuche ich mit Marie und ihrer Stute Schritt zu halten und bin heilfroh als wir endlich bei unserer privaten Unterkunft ankommen. Noch im Vorgarten schmeiße ich den Sattel und die Packtaschen von Egon auf den Boden und untersuche Rücken und Bauch. Nichts. Keine Ahnung, was er hatte.

Meine Nerven beruhigen sich erst, als wir unser Zelt auf der Pferdeweide aufgebaut und uns in den Garten auf eine Holzbank gesetzt haben. Schnell koche ich uns ein paar Nudeln und falle anschließend völlig erledigt auf meine Isomatte.

Gefällt dir meine Reise und die Fotos? Wenn ja, freue ich mich über einen kurzen Kommentar, damit ich weiß, dass ich mit Teil 2 loslegen kann 😉