Extreme Trail – Ein Mini-Pony auf Kletterkurs
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Kann ein Mini-Pony klettern? Über Hängebrücken laufen? Rückwärts zwischen Baumstämme dirigiert werden?
Das waren meine Gedanken, als ich Samstag um kurz nach 5 (!) vom Wecker aus dem Schlaf gerissen wurde. Ich hatte uns für eine Trainingseinheit auf einem Extreme Trail beim Gut Heinrichshof in Kleinröhrsdorf (bei Dresden) angekündigt und war entsprechend aufgeregt.
Auf einem Extreme Trail finden sich alle Hindernisse, auf die du auch beim Wanderreiten oder Wandern mit Pferd in der Natur stoßen kannst. Hier natürlich sehr geballt, um alle Bereiche trainieren zu können. Das Ziel ist es, dass du dein Pferd gezielt und ruhig über die Hindernisse dirigierst. Inklusive Stehen bleiben und seitwärts gehen an den Hindernissen. Ein tolles Luftbild der Hindernisse findest du hier.
Schnell haben wir also am Samstag im Dunkeln den Hänger ans Auto gekoppelt und sind zu Egon und anschließend weiter Richtung Dresden gefahren.
Irgendwie hatte ich im Kopf, dass Dresden gar nicht so weit weg von Erfurt liegt. Tut es eigentlich auch nicht. Aber bei einer Wahnsinnsgeschwindigkeit von 80 km/h auf der Autobahn zieht es sich doch ein bisschen 😉 Gut also, dass wir so früh losgefahren sind, denn so kamen wir ziemlich pünktlich um halb 12 auf der wunderschönen Reitanlage an.
Die Hindernisse auf dem Extreme Trail
Dort wurden wir direkt von Anja, unserer Trainerin für den Extreme Trail empfangen. Ich muss gestehen, dass ich super nervös war! Ich hatte Anja natürlich vorher von diesem Blog erzählt und auch, dass wir mit Egon viel wandern. Deswegen hatte ich immer im Kopf:
„Oh Gott, wie peinlich, wenn Egon jetzt überhaupt nicht mitmacht oder ich mich total dämlich anstelle und sie am Ende die Hände über dem Kopf zusammenschlägt und uns fragt, wie wir bisher unsere Wanderungen überlebt haben“
Das war natürlich Quatsch, denn Anja war super lieb.
Egon war nach 4 Stunden im Hänger natürlich froh, endlich aus diesem heraus zu kommen und hat den ganzen Hof lautstark über seine Ankunft informiert. Es ist immer wieder spannend zu sehen, wie manche großen Pferde sehr verunsichert auf so ein Mini Pferd reagieren, während Egon mit erhobenem Kopf selbstsicher durch die Gegend stolziert 😀
Wir sind dann ein kleines Stück bis zum Extreme Trail gelaufen und haben auch direkt mit der ersten Übung angefangen. Ich sollte Egon auf ein Podest dirigieren. Aber natürlich nicht einfach „hauruck“ und hoch (was Egons bevorzugter Weg gewesen wäre), sondern mit Gefühl und Huf für Huf. So sollte Egon erstmal nur die Vorderhufe darauf abstellen, dann warten, dann komplett rauf und anschließend auch wieder erst nur mit den Vorderbeinen wieder runter. Ich sag dir: Das klingt jetzt so leicht. Ist es aber nicht! Vor allem nicht, wenn du ein augenscheinlich kurz vor dem Hungertod stehendes Pony dabei hast (er hatte ja auch nicht Unmengen an Heu während der Fahrt 😉 ), das nach jedem Grashalm giert. Der kleine Spinner 😀 Aber nach etwas Anleitung von Anja hat es dann auch bei uns geklappt.
Als nächstes bin ich das Baumstamm Mikado angegangen. Hier liegen dicke Baumstämme kreuz und quer übereinander und du suchst dir in Ruhe deinen Weg hindurch. Der Extreme Trail beim Gut Heinrichshof ist zwar für normalgroße Pferde ausgelegt, aber Egon ist schließlich ein kleiner Springfloh und so war das kein Problem für ihn.
Ich hatte manchmal das Gefühl, als würde Egon sagen: „Mutti, wo läufst du hin? Wir können auch einfach abkürzen und hier wieder raus, schau!“.
So war das aber eine super Übung für uns, bei der er sich sehr auf mich und meine Körpersprache konzentrieren musste.
Am schwersten war für Egon wirklich das langsame laufen. Anja hat erzählt, dass manche Pferde, die das erste Mal durch das Baumstamm Mikado laufen, zwei Galoppsprünge machen und wieder draußen sind. Doch sowas kann in „wilder Natur“ natürlich schnell gefährlich werden – wenn beispielsweise hinter den Baumstämmen ein Abgrund ist, das Pferd dich umrempelt, oder du dabei mit dem Kopf gegen einen Ast schlägst. Deswegen ist es umso wichtiger, solche Situationen zu trainieren.
Nachdem wir uns unseren Weg durch die Baumstämme gebahnt oder vielmehr gehoppelt hatten, sollten wir eine Steintreppe hinauflaufen. Auch hier galt wieder: Langsam und Schritt für Schritt! Erst die Vorderhufe auf den Stein, warten und dann die Hinterbeine. Fand Egon dämlich 😀 Er hebt immer wie ein Hubschrauber mit allen vier Beinen gleichzeitig ab und hopst die Stufen hoch. Das muss ich definitiv noch weiter üben.
Nicht nur für Pferde, sondern auch für den Menschen ist so ein Extreme Trail übrigens richtig anstrengend! Ich musste mich die ganze Zeit zu 100% konzentrieren und in Gedanken bei Egon sein. Manchmal hatte ich das Gefühl, ich kletter fast mehr als er.
Auch das Herunterlaufen von Bergen haben wir geübt. Auch hier gilt: Das Pferd immer hinter dir und jederzeit bereit, anzuhalten. Egon kennt irgendwie nur zwei Geschwindigkeitsstufen: Rennen, um schnell zum nächsten Gras zu kommen und grasen 😉 Da war es gar nicht so einfach elegant den Abhang herunter zu steigen.
Kaum unten angelangt, ging es schon die nächste Treppe hoch, um anschließend durch ein Wurzelfeld zu laufen. Hier hatte 2010 ein Tornado gewütet und nur Überbleibsel von Bäumen übrig gelassen. Nun kann dieses Gebiet genutzt werden, um das Pferd von dir weg um einzelne Stämme zu schicken.
Knifflig wurde es dann bei einem Graben durch den Egon laufen sollte, während ich oben stehen blieb. An sich ist das für Egon natürlich kein Problem. Nach dem Motto „Augen zu und durch“ ist er losgerannt und hat dabei noch fast Timo umgerannt, der am anderen Ende saß und ein Foto machen wollte. Also das ganz noch einmal – nur diesmal sollte der Kleine im Graben stehen bleiben.
Wie du siehst, fand er das eine blöde Idee 😉 Kannst du dein Pferd nur mit Stimme und Körpersprache überall zum Stehen kriegen? Ich dachte eigentlich ich könnte es einigermaßen. Aber im Graben hatte ich keine Chance. Besonders witzig war, dass ich vorher noch selbstsicher verkündet habe: „Der springt nicht raus!“. Tja, dreimal kannst du raten, was Egon gemacht hat.
Auf das nächste Hindernis hatte ich mich am meisten gefreut: Eine Hängebrücke. Ich war sicher, dass das für Egon kein Problem ist. Zuerst sollte ich mich auf die Brücke stellen und ein bisschen wackeln, damit Egon sie von außen kennenlernen kann. Er hat nicht mal hochgeguckt; das Gras war einfach interessanter. Also ging es direkt mit Pony auf die Brücke.
Das erste Mal durfte er noch schnell rüber laufen, doch schon beim zweiten Mal sollte er mitten drauf für einen Moment ruhig stehen bleiben. Gar nicht so einfach, wenn links und rechts das Gras so verlockend duftet, aber wir haben es geschafft. Übrigens wackelt diese Hängebrücke deutlich mehr, als ich zuerst dachte und schwingt auch ordentlich nach. So leicht ist es also wirklich nicht!
Für viele Pferde das schwierigste Hindernis des Extreme Trails ist laut Anja der Steg. Hier hatte ich endlich mal einen Vorteil, dass Egon so klein ist. So hatte er zu den Seiten noch ziemlich viel Platz und ist ganz entspannt drüber gelaufen. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass das für Großpferde wirklich schwierig ist. Und nun stell dir mal vor, du sitzt auch noch auf einem großen Pferd, während dieses über den Steg balanciert. Da siehst du nicht mal mehr den Steg unter dir!
Das Video vom Extreme Trail bei Dresden
Timo hat nicht nur fleißig fotografiert, sondern auch Videos gemacht, die ich für dich zusammengeschnitten habe. Wenn es dir gefällt, freue ich mich, wenn du meinen Kanal abonnierst 🙂
Mein Fazit zum Extreme Trail
Nach etwa 1,5 Stunden Training waren Egon und ich beide fix und fertig. Ich glaube, ich habe mich nicht so schlimm angestellt, wie anfangs befürchtet. Und auch auf Egon bin ich super stolz. Zwar hat es etwas genervt, dass er ständig nur Essen im Kopf hatte, aber er war nach 4 Stunden Autofahrt auf einem fremden Hof in fremder Umgebung und hat alles brav mitgemacht. Das ist wirklich nicht selbstverständlich.
Ich konnte durch das Training und die Arbeit auf dem Extreme Trail viele wertvolle Tipps mitnehmen und habe nun einige Dinge, die ich mit Egon verstärkt trainieren möchte. Zum Beispiel die Podestarbeit. Alleine das ist schon eine gute Möglichkeit, um das langsame und konzentrierte Arbeiten zu trainieren. Außerdem möchte ich noch mehr üben, Egon mit Stimme und Körpersprache zu dirigieren.
Für uns ging es anschließend wieder 4 Stunden zurück zum Stall, wo wir wieder im Dunkeln ankamen. Ein langer Tag, aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt!
Ich kann dir wirklich nur empfehlen, mit deinem Pferd mal einen Extreme Trail zu besuchen. Nimm dir dafür aber auf jeden Fall einen Trainer oder buche gleich einen Kurs. Nur so weißt du, wie du die einzelnen Hindernisse nimmst, damit du auch genau das richtige trainierst.
Wenn du mit deinem Pferd oder Pony wandern gehen willst, ist so ein Training auf dem Extreme Trail eigentlich unerlässlich. Aber auch so ist es eine tolle Möglichkeit der Bodenarbeit, die euer gegenseitiges Vertrauen stärkt, dein Pferd trittsicher macht und dir genau aufzeigt, was du noch weiter üben kannst. In Deutschland gibt es inzwischen schon einige Extreme Trails, die du teilweise einfach so und teilweise als Kursteilnehmer besuchen kannst. Neben dem Extreme Trail auf Gut Heinrichshof, gibt einen einen in Hessen bei Herbstein, einen in Auerbach, einen im Norden, einen nahe Rosenheim und einen im Allgäu. Sicher werden in Zukunft auch noch mehr dazu kommen.
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