Mit Hund, Schnee und Bauchbaby unterwegs im Geopark Thüringen
„Heute Nacht träume ich bestimmt von Steinen“, sage ich zu Timo während wir nebeneinander einen Abhang hinunter steigen. Tatsächlich schwirren mir Fachbegriffe, Felsformationen und Strömungslinien im Kopf herum. Und wie war das nochmal mit den versteinerten Libellen?
Wir sind heute Teil einer Führung durch den Geopark Inselsberg – Drei Gleichen in Westthüringen. Einer von 15 Nationalen Geoparks in ganz Deutschland und derzeit auf dem Weg zu einer Anerkennung als zertifizierter Unesco Geopark. Geopark, Geologie … – ist das nicht das mit den Steinen und der Erdentstehung? Ja, ist es.
Die Wikipedia-Definition bezeichnet einen Geopark als ein „besonders ausgewiesenes Gebiet, in dem Erdgeschichte erlebbar gemacht wird. In diesen Räumen soll verständlich werden, wie Landschaften entstehen, welche Gesteine und Rohstoffe im Untergrund vorkommen und wie Geologie und Böden die jeweilige Landnutzung beeinflussen. Diese Themen werden durch Angebote wie etwa geführte Wanderungen, Informationstafeln und Faltblätter vermittelt.“
Was jetzt vielleicht etwas langweilig und geschichtlich klingen mag, ist in der Praxis überraschend aufregend.
Eine Führung im Geopark Thüringen
„Schaut euch mal hier diese Blatteinschlüsse an“, sagt Stephan, selber Geologe und heute einer unserer Führer durch den Geopark Thüringen. Ich sehe schwarze Flecken auf der Innenseite eines Steins und frage mich, wie Stephan solche Winzigkeiten scheinbar schon von Weitem an einer Felswand erahnen kann.
Überhaupt habe ich mir noch nie so richtig Gedanken über das Gestein um mich herum gemacht. Für mich waren das bislang maximal helle, dunkle, große oder kleine Kiesel. Dass tatsächlich jeder Stein eine eigene Geschichte hat und vor Millionen von Jahren schon da war – das habe ich zwar früher mal in der Schule gehört, aber so richtig bewusst wird es mir erst jetzt.
Immer wieder hält Stephan an und zeigt uns begeistert verschiedene geologische Dinge am Wegesrand. Dabei hat er ein unglaubliches Wissen und auch die eine oder andere lustige Anekdote auf Lager. Ich bin so gebannt, dass ich kaum merke, wie ich außer Atem komme, während unsere Gruppe die erste Steigung erklimmt.
Denn natürlich wollen wir nicht nur unser geologisches Wissen erweitern, sondern auch die Schönheit im Geopark Inselsberg – Drei Gleichen genießen. Und hierfür haben sich unsere zwei Wanderführer Dieter und Rolf die Dreigipfeltour ausgesucht. „Eine Fünf-Flache-Ebenen-Tour wäre mir ja lieber gewesen“ scherze ich, doch wenig später bestaune ich schon die wirklich imposanten Felswände.
Auch wenn es während unserer Tour immer mal wieder schneit, haben wir eine fantastische Aussicht vom Haderholzstein. Glücklich umarme ich das Gipfelkreuz.
Wahrscheinlich ist es sogar die spektakulärste Aussicht, die ich auf einer Wanderung in Thüringen je hatte und auch Sturmi streckt seine Nase in den Wind.
Langer Winter im Geopark Thüringen
Wir machen eine kurze Pause, tragen uns ins Gipfelbuch ein und wandern weiter. Da wird es plötzlich ziemlich aufregend: Der schmale Weg hinab ist voller Schnee und Eis und der Abstieg wird zur Rutschpartie. Ich klammere mich an den Wanderstock, den Wanderführer Dieter mir in die Hand gedrückt hat, und rutsche von Baum zu Baum.
Sturmi macht der Schnee hingegen überhaupt nichts aus. Begeistert rennt er zwischen uns hin und her und schnuppert an frischen Wildspuren. Timo muss am anderen Ende der Leine aufpassen, dass er nicht plötzlich den Berg hinuntergerissen wird.
Auch ich lande einmal auf dem Po. Zum Glück im tiefen Schnee, doch mit dem langsam dicker werdenden Babybauch brauche ich ein paar Anläufe, bis ich wieder stehe.
„Wo ist das Packpony, wenn man es braucht?“ stöhne ich, doch insgeheim bin ich mehr als froh, dass wir Egon heute nicht mitgenommen habe. Dieser Weg wäre für ihn schlichtweg nicht passierbar gewesen.
Nach der kleinen Aufregung geht der Weg erst einmal entspannt weiter und wir können uns wieder den Steinen widmen. „Diesen Fund habe ich live während einer Fernsehsendung gemacht“ grinst Stephan und zeigt uns das Bild eines Insektenabdrucks.
„Die haben gar nicht verstanden, weswegen ich so aufgeregt war. Dabei ist das doch sensationell!“. Die Leidenschaft von Stephan für dieses Thema ist ansteckend. Aber auch die Wanderführer Dieter und Rolf können immer wieder mit interessanten Details zur Umgebung aufwarten.
Bei unserem Aufstieg zum zweiten Gipfel wird der Schnee plötzlich mehr und wir werden ordentlich eingeschneit. Ein guter Zeitpunkt um oben auf dem Gipfel im Berghotel Ebertswiese einzukehren.
Drinnen ist es schön warm und wir lassen es uns mit leckerem Essen gut gehen. Doch allzu lange bleiben wir nicht, schließlich haben wir noch einiges an Weg vor uns und Anfang März wird es früh dunkel.
Aufgrund der Witterungsverhältnisse (der Weg ist wirklich eisig) entschließen wir uns, den Abstecher zum dritten Gipfel heute auszulassen. Stattdessen laufen wir zu einem Bergsee, der von hohen Felswänden umgeben ist. Bis kurz vor Kriegsende wurde hier das Gestein abgebaut und dafür immer und immer tiefer gegraben.
Als die Grabung eines Tages fortgeführt werden sollten, mussten die Arbeiter entdecken, dass ihr Loch komplett überschwemmt war – sie hatten zuvor eine Wasserader angebohrt. Der Bergsee war entstanden.
Gipfel und Abstiege im Thüringer Geopark
„Einen schönen Abstieg“ wünscht uns Rolf, der von hier aus einen anderen Weg direkt nach Hause läuft. Ich wundere mich: Ein schöner Abstieg? Wünscht man das nicht nur auf einem richtigen Berg?
Wenig später weiß ich, was Rolf damit gemeint hat. Ich rutsche mehr den Berg hinunter als dass ich laufe. Kurz überlege ich, mich wirklich einfach auf den Po zu setzen und mich hinunterkugeln zu lassen. Da das Bauchbaby aber vermutlich sowieso schon denkt, dass ich einen an der Waffel habe, verwerfe ich die Idee lieber.
Einige Kilometer später haben wir wohlbehalten das Ende des Berges erreicht. Uff, erschöpft aber glücklich atme ich durch und merke, dass meine Beine tatsächlich etwas zittern. Mein Körper muss sich erst wieder an die beginnende Wandersaison gewöhnen.
Ein paar weitere Highlights zeigen uns Stephan und Dieter noch während des Rückweges. „Von wegen hart wie Granit“, bemerke ich, während ich einen Steinbrocken lässig zwischen meinen Fingern zerbrösele. „Damit sollte man lieber nicht sein Haus bauen“, bestätigt Stephan.
So spannend das alles auch ist – schließlich sind wir ziemlich froh, nach sieben Stunden wieder die Autos erreicht zu haben. Der Wind ist wirklich eisig und ich entsprechend durchgefroren.
Wir verabschieden uns von unserer netten Truppe und treten die Rückfahrt nach Hause an. Natürlich nicht ohne vorher noch einmal ein Blick in Stephans Buch zu geworfen zu haben.
Fazit zum Geopark Thüringen
Die geführte Wanderung im Geopark Thüringen war unglaublich toll – sowohl was das erworbene Wissen rund um die Geologie als auch was die Landschaft selber anging.
Auch wenn Timo und ich am nächsten Tag ein wenig Muskelkater in den Beinen hatten, war die Dreigipfeltour genau das Richtige für uns: Tolle Aussichten, ein bisschen Abenteuer und spektakuläre Felsformationen.
Für einen Besuch im Geopark Thüringen würde ich dir prinzipiell immer eine Führung empfehlen. Es gibt zwar auch einige Infotafeln auf dem Weg, aber bei einer geführten Tour beschäftigst du dich auch wirklich mit deren Inhalt und erfährst noch viele weitere spannende Dinge.
Ob ich in der Nacht wirklich von Steinen geträumt habe, kann ich übrigens gar nicht mehr so genau sagen. Auf jeden Fall sind Timo und ich abends schon um acht Uhr ins Bett gefallen und haben bis zum viel zu frühen Weckerklingeln am nächsten Morgen tief und fest durchgeschlafen.
Ich wurde vom Geopark Inselsberg – Drei Gleichen auf diese Wanderung eingeladen. Vielen Dank dafür!
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