Mein Aufruf zu mehr Offenheit
„Du solltest etwas vorsichtiger sein, dich so im Internet in deiner vollen Offenheit zu zeigen“, schrieb mir neulich eine Leserin besorgt. „Leider gibt es ja nicht nur nette Leser.“
Dem möchte ich gerne ganz offen, öffentlich und wie immer persönlich und ehrlich antworten:
Ich will mich aber zeigen!
Ich will mich nicht verstecken, weder im Internet noch im „echten“ Leben. Ich möchte mich so geben, wie ich wirklich bin. Mit allen Ängsten und Sorgen. Mit allen Peinlichkeiten und Flops. Mit allen Verrücktheiten und allem Blödsinn. Und auch mit allen Tränen.
Ich möchte dir ein echtes Bild von mir zeigen. Dir erklären, wie ich fühle. Dich nach deiner Meinung fragen. Ob du auch so fühlst. Auch manchmal zweifelst.
Ich möchte, dass du weißt, dass ich nicht perfekt bin. Gar nicht perfekt. Dass ich mich manchmal so weit weg von perfekt fühle, wie nur möglich.
Dann wieder möchte ich dir auch meine Freude zeigen. Meine Ideen, meine Träume. Ich möchte dir zeigen, dass ich mich begeistern kann. Immer wieder.
Ein bisschen möchte ich auch diese Gesellschaft verändern. Sie wachrütteln. Jedem einzelnen, der meine Texte liest, zeigen, dass wir alle nur Menschen sind. Gefühle auf zwei Beinen.
Ich möchte gerne viel mehr Ehrlichkeit spüren. Individuen kennenlernen. Intensiv.
Wie würde die Welt aussehen, wenn wir uns alle ein bisschen mehr in unserer vollen Offenheit zeigen würden? Wenn jeder seine Gefühle leben dürfte. Und sie auch zeigt.
Wie würden wir wohl miteinander umgehen, wenn sich niemand mehr versteckt? Vor allem nicht mehr vor sich selbst.
Vielleicht gibt es nicht nur nette Leser, das mag sein.
Aber weißt du was?
Ich habe nicht das Gefühl, dass mich meine Offenheit verletzlich macht. Im Gegenteil.
Mit jedem Gefühl, das ich zeige, jeder Sorge, die ich ausspreche und jeder Unperfektheit, die ich zugebe, fühle ich mich stärker.
Ich habe in den letzten Monaten eine ziemliche Verwandlung mitgemacht, auf die ich auch ein bisschen stolz bin. Und jetzt will ich mich, verdammt noch mal, nicht mehr verstecken müssen.
Was soll denn konkret passieren, wenn ich in meinem Newsletter schreibe, dass meine Gefühle in den letzten Tagen ein Auf und Ab waren?
Dass sich jemand lustig über mich macht? Das würde weh tun, wenn ich diese Gefühle hätte, aber verstecken würde. Aber so? Nicht wirklich.
Dass mich jemand kindisch findet und nicht mit mir zusammenarbeiten möchte? Dann kann ich auf diese Person auch verzichten. Das würde sowieso kein tolles Projekt werden.
Dass ich später mal keinen festen Job mehr finde, sollte ich das wollen? Mal ehrlich: Weil ich Gefühle habe und diese ausdrücke? Würdest du in einem Unternehmen arbeiten wollen, wo die Mitarbeiter ihre Gefühle verstecken müssen? Ich nicht. Ich denke, dass potentielle Arbeitgeber eher von den vielen Lesern im Monat und meinem Marketing beeindruckt sein werden. Und wenn nicht: Blöd für die.
Dass mich jemand richtig fies mobbt und Hass-Videos zu mir erstellt? Klar, begeistert wäre ich nicht, aber ich wüsste auch, dass mir ganz viele liebe Leute den Rücken stärken würden. Leute, die es gut finden, dass ich ehrlich bin. Und echt. Leute, die auch so sind.
Wenn wir uns nie in unserer vollen Offenheit zeigen, zeigen wir uns auch nie als echte Menschen. Wir verstecken einen Teil von uns. Vor anderen Leuten, aber vor allem vor uns selbst.
Warum willst du das?
Ich jedenfalls will das nicht. Nicht für mich und auch nicht für diese Gesellschaft.
Lass uns doch gemeinsam diese Mauern durchbrechen, die wir selbst um uns gezogen haben. Lass uns die Steine zerhauen und immer mehr Gefühle dahinter zum Vorschein treten lassen. Lass uns aufeinander zugehen und uns das erste Mal wirklich sehen.
In Gesprächen, Berührungen, Träumen.
Und ja, auch im Internet.
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