Wir ziehen nach Zypern. Ohne Egon.

veröffentlicht von Sarah am 29. April 2018

So lange habe ich mich vor diesem Post gedrückt, habe abgewartet, verdrängt, gehofft und nun ist es an der Zeit, ehrlich dir gegenüber zu sein und damit hoffentlich auch den letzten Stein vom Herzen hinunter zu hieven.

Wir ziehen nach Zypern. Ohne Egon.

Du hast sicherlich schon gemerkt, dass es still um Egon und mich geworden ist. Eins vorweg: Ihm geht es super und wir unternehmen auch immer noch schöne kleine Abenteuer zusammen.

Nachdem er letztes Jahr einige Koliken hatte, gehen wir es aber nur noch ganz ruhig an. Spazieren gehen, mal an der Kutsche mitlaufen, Bodenarbeit, Quatsch machen – alles super. Lange Wanderungen – das wird wohl nichts mehr.

Und so richtig weiß ich auch gar nicht, was sich da eventuell gegenseitig beeinflusst hat.

Schon seit einiger Zeit haben Timo und ich den Traum, noch einmal „etwas anderes“ zu machen.

Ich habe mit 21 geheiratet, bin mit 26 Mutter geworden und habe eine Wohnung gekauft – alles Dinge, die absolut fantastisch sind!

Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass das schon alles ist. Dass ich nun die nächsten Jahrzehnte in der immer gleichen (wenn auch sehr schönen) Wohnung sitze, dieselben Hobbys habe, diesselben Leute treffe.

Früher wollten Timo und ich immer nach Kanada auswandern. Dann war eine Zeit lang Bulgarien hoch im Kurs. Bis wir uns letztlich für Zypern entschieden haben.

Und ich kann dir versichern: Die Entscheidung für eine Insel, auf die ich mein Pferd nicht mitnehmen kann, war eine der schmerzhaftesten Entscheidungen, die ich je treffen musste. Nicht schwierig. Aber schmerzhaft.

So oft habe ich die Entscheidung schon verflucht, habe Kisten ein- und wieder ausgepackt, Pferdezubehör in die hinterste Ecke verbannt, um ja nicht voranzukommen, um den Schmerz nicht spüren zu müssen.

Doch nun habe ich mich entschieden, nach vorne zu schauen. Ich habe diese Entscheidung schließlich bewusst und mit voller Absicht getroffen. Und klar, ich freue mich auch schon total und werde ganz kribbelig, wenn ich an alles denke.

Ein neues Land, neue Kultur, neue Sprache, neue Abenteuer.

Und Sonne. Viel Sonne. 300 Tage im Jahr.

Sturmi wird mit uns kommen, die 4 Stunden in der Hundebox im Frachtraum muss er leider einmal überstehen.

David soll auf Zypern dann in einen englischen Kindergarten gehen. Mit seinen knapp 2 Jahren braucht er das jetzt auch unbedingt. Mehr Kinderkontakt, mehr Abenteuer. Es wird immer schwieriger, ihn zuhause zu bespaßen.

Timo und ich werden unsere Unternehmen wie gewohnt weiterführen.

Nur für kleine Plüschponys ist Zypern kein guter Ort.

Nachdem ich lange ernsthaft gedacht habe, dass es mir leichter fällt, ihn komplett zu verkaufen (aus den Augen, aus dem Sinn) habe ich mich nun doch dafür entschieden, ihn zu behalten.

Er wird am selben Stall stehen bleiben und meine Schwägerin wird sich um ihn kümmern. Ich bin mir sicher, dass sie das ganz toll machen wird, sie kennt ihn auch schon lange und noch ist ja Zeit, dass die beiden sich entspannt aneinander gewöhnen.

Eine meiner größten Ängste, die mich auch so lange am Schreiben dieses Posts gehindert haben, ist die Verurteilung. „Wenn man sich ein Tier anschafft, muss man auch Verantwortung übernehmen“. „Wie egoistisch“. „Was tust du deiner Familie nur an?“

Du kannst mir also glauben, dass ich vermutlich alle Empörungen, die dir gerade einfallen, schon in meinem Kopf durchgegangen bin. Täglich. Immer und immer wieder.

Ich bin trotzdem bei meiner Entscheidung geblieben. Weil ich glaube, dass das Wichtigste im Leben ist, dass wir uns selbst treu bleiben. Unsere eigenen Träume leben. Und ja, das ist egoistisch. Ich denke aber, dass es notwendig ist.

Ich hätte Egon nicht mehr in die Augen schauen können, wenn ich immer im Hinterkopf gehabt hätte „Wegen dir habe ich es nicht gemacht. Du bist schuld, dass ich nicht meinen Traum lebe“.

Ich denke auch nicht, dass das fair ihm gegenüber gewesen wäre.

Ob einfach weggehen fairer ist? Vermutlich nicht. Und genau deswegen ist dieser Schritt für mich auch so schmerzhaft.

Panorama Sächsische Schweiz

Natürlich habe ich auch Angst. Was, wenn ich mich dort einsam fühle? Wenn ich keine neuen Freunde finde? Wenn mir der Kontakt zu meinen Eltern zu sehr fehlt? Wenn meine Freunde in Deutschland mich vergessen? Wenn es dem Hund viel zu heiß ist? Wenn David durch die neue Sprache völlig irritiert ist? Wenn er sich aus der vertrauten Umgebung herausgerissen fühlt? Wenn es bei Timo und mir beruflich nicht so klappt?

„Maybe it won’t work out. But maybe seeing if it does will be the best adventure ever“ – Dieser Spruch steht auf meinem Vision Board und beschreibt ziemlich gut meine Gefühle.

Die Zeit ist jetzt. Wenn wir es jetzt nicht machen, wo David noch so jung ist, machen wir es wahrscheinlich gar nicht mehr. „Und eines Tages, ja da wären wir FAST nach Zypern gezogen.“

Die Zeit mit Egon war der absolute Wahnsinn. Alles rund um Verwandert, das Wandern, das Bloggen, die Kontakte. Es ist ja nicht nur Egon, den ich zurücklasse, sondern ein ganzer Beruf, den ich um ihn herum kreiert habe.

„Hallo, ich bin Sarah. Und ich bin nicht mehr die, die mit dem Pony wandert.“ Werden sich Leute trotzdem an mich erinnern, wenn ich mich auf einem Event vorstelle?

Ich weiß nicht, wie lange wir auf Zypern bleiben werde. Ich glaube nicht, dass David da noch zur Schule gehen wird. Aber wo wir dann sind: Das weiß ich jetzt auch noch nicht.

Immerhin habe ich die Möglichkeit, in Deutschland Urlaub zu machen. Und dann meinen Egon zu besuchen. Und falls wir nächstes Jahr überraschend doch schon wiederkommen, ist er immer noch da. Ja, das fühlt sich besser an, als ihn komplett aus den Augen zu verlieren.

Ich habe das Gefühl, dir noch so viel sagen zu müssen. Dass ich derzeit keine Fotos von Egon anschauen kann, ohne ein verdammt schlechtes Gewissen zu fühlen. Dass ich Angst habe, die falsche Entscheidung getroffen zu haben. Dass ich noch nicht weiß, ob und wie es mit dem Blog weitergeht. Dass ich dir alles noch genauer erklären sollte.

Aber nun ist auch mal die Zeit gekommen, um nach vorne zu schauen.

Deswegen erlaube ich mir jetzt erstmal, mich zu freuen. Vielleicht nicht unbedingt auf das Kisten packen. Aber auf das Abenteuer.

Auf die strahlenden Augen von David, wenn er das Meer sieht.

Auf gemeinsame Abende mit Timo auf der Terasse.

Auf frühmorgendliche Gassirunden am Strand.

Auf das Treffen mit anderen Online-Unternehmern.

Auf griechischen Wein.

Auf Siesta.

Auf den Moment, wenn ich im Rechts-Lenker statt den Blinker die Scheibenwischer an mache.

Hach Zypern, du und ich – das wird schon ziemlich aufregend, oder?

„Eines Tages Baby, werden wir alt sein. Oh Baby, werden wir alt sein und an all die Geschichten denken, die für immer unsere sind.“